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Astrid: Mein neuer Untermieter Daniel Hofer: Der Skorpion als Rächer

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Daniel Hofer: Spinnengeschichten aus Südamerika und Afrika


Als grosser Regenwaldfreund, zudem mit einer Südamerikanerin verheiratet, muss ich fast gezwungenerweise immer wieder die Heimat der grossen Archniden besuchen. 1977 hatte ich meine erste Bekanntschaft mit tropischen Spinnen:

Ich weilte für einige Wochen in einer Pension in Villa Tunari, Provinz Chaparé, Bolivien. Die saubere, einfache Pension hatte es mir sehr angetan. Aber bereits am ersten Abend entdeckte ich zwei mittelgrosse Wolfsspinnen an der Decke, irgendwie war mir dabei nicht wohl, an Schlaf war nicht zu denken solange die Viecher oben herum spazierten. Ich Griff zum Schuh und richtet die Kerle hin. Am zweiten Abend war erneut so ein Vieh in einer Ecke - die Schuh-Aktion vom Vortag wiederholte sich. Am dritten Abend - grandios - war keine Spinne mehr im Hotelzimmer. Ich gratulierte mir im Stillen und legte mich beruhigt schlafen. Am nächsten Morgen dann locker aufstehen - Füsse in Schuh. Aber oh Schreck!!! Da war doch was im Schuh, ganz vorne bei der rechten Zehe war ein "Ding" und es bewegte sich. Mein Bein fuhr wie eine Rakete aus dem Schuh und das Blut stieg mir in den Kopf. Mit rotem Kopf schüttelte ich den Schuh dann aus: Heraus kam eine halbwüchsige Avicularia - eine kleine Vogelspinne!!! Es ist mir aber nichts geschehen, Avicularia bewies wieder Mal, dass sie ein ziemlich anständiges Wesen ist - was ich aber damals noch nicht wusste! Vielleicht war's Rache, dass die Spinne ausgerechnet den Schuh als Unterschlupf benutze - mit dem ich die Artverwandten flachklopfte! Am Tag darauf war wieder eine Wolfsspinne im Zimmer, was mir den Rest gab und mich veranlasste mein kleines Zelt zum schlafen im Hotelgarten aufzustellen, den das Zelt hatte Öffnungen die sich mit Moskitonetz und Reissverschluss absolut Spinnensicher schliessen liessen. Ich schlief 14 Tage im Zelt, im Hotelgarten - mein Gepäck blieb im Hotel und ich genoss sonst Vollpension. Zumindest lernte ich Dschungelregel Nummer 1 kennen: Im Spinnengebiet am Morgen immer als erstes den Schuh ausschütteln!

Jahre später entdeckte ich eine besondere Liebe zu den Urwäldern der Republik Ecuador: wie lieblich fliesst doch der Rio Napo durch das Amazonasgebiet Ecuadors! Im berühmten Jaguar Hotel, zwei Stunden flussabwärts von Misahualli lassen sich schönste Avicularien im Hotel-Garten beobachten. Die Tiere sind absolut Standort treu und wenn man einmal weisst, unter welchem Bananenblatt ein Exemplar haust, kann man sie jeden Abend am selben Ort beobachten. 1993 traf ich im September wieder im Hotel ein und wurde wie ein alter Freund willkommen geheissen. Alle wussten noch was mich interessiert und kaum war ich dort, rief mich ein Hausangestellter: eine gewaltige Spinne sei in einem Gästezimmer. Wenn ich wollte, könne ich diese herausholen! Und ob ich wollte! Bewaffnet mit einem grossen Schmetterlingsnetz führte mich der Zimmerboy in das Appartement Nummer 5: Tatsächlich, ganz in der Mitte des Zimmers, an der Decke ruhte kopfüber eine ungewöhnlich grosse Avicularia. Mit dem Schmetterlingsnetz war's ein leichtes das Vieh herabzuholen.

Am nächsten Morgen sass ich dann ganz gemütlich beim Morgenessen, als ein riesiger Amerikaner hereindüste und anfing mich fürchterlich anzuschreien: Was mir einfiele einfach in seinem Zimmer herumzustöbern, niemand dürfe ungefragt in sein Zimmer, ich sei vermutlich ein Spion und Bandit, er würde mich umlegen wenn wieder was vorfallen würde - ich war total verdattert und hatte keine Ahnung von was der Kerl sprach. Nun Antworten war auch nicht möglich - so erregt wie der Mann war hörte er ohnehin nicht hin. Aber langsam dämmerte mir dann, dass das Spinnen-Zimmer wohl seins war. Erst Tage später kam ich auf den Grund seiner Erregung: Der Mann war Geologe und lagerte alle seine Gold- und Edelsteinproben im Zimmer. Er dachte wohl ich würde ihn bestehlen wollen oder seine hoch geheimen Ergebnisse rauben!

1995 war ich dann wieder in Ekuador - inzwischen als Ehemann einer "Inka-Prinzessin" aus den Bergen. Damit war natürlich dem "Herum-Abenteuern" ein Ende gesetzt. Die Familie meiner Frau "nagelte" uns im Städtchen fest, und dieses liegt dummerweise auf über 3000 m im Hochland - Tiere gibt's dort kaum - dachte ich. Es ist eine ziemlich baumlose, halbtrockene Ebene, eher steppenartig. Ich langweilte mich gewaltig im Städtchen und zur Not befreundete ich mich mit den Taxi-Fahrern. Auf der Nachfrage nach "Tierischem" in der Umgebung kamen wir rasch auf die Vogelspinnen, hier Tarantulas genannt, zu sprechen. Zu meiner Überraschung erzählten die Taxifahrer das Vogelspinnen in der Umgebung nicht selten seien - obwohl hier das Thermometer Nachts gut 3 Grad unter Null fallen kann. Da musste die Probe auf Exempel folgen: Am nächsten Morgen hatte ein "Taxista" frei und brachte mich hoch hinauf auf einen Berg. Dort, in den Kartoffelfeldern hätte es besonders viele Tarantulis - sie würden in Löchern im Boden hausen. Tatsächlich fanden wir bald solche Löcher im Boden und ich stellte auch den Konstrukteur der Löcher fest: Es waren Mistkäfer ähnlich den heiligen Skarabäen der Ägypter! Aber tatsächlich hatten die Löcher, etwa 2 cm im Durchmesser und 30 cm tief, diverse Nachmieter: dazu gehörten Krötenfrösche und - Vogelspinnen. In mühsamer Plackerei öffneten wir an jenem Morgen und Nachmittag, etwa 15 dieser Löcher mit Spitzhacke und Schaufel, der Boden war pickelhart - in dreien fanden wir Spinnen. Die Art war aber zu Hause heikel - sie lebten nur knapp 2 Jahre in der Schweiz. Die enormen Temperaturunterschiede die Hochland-Spinnen brauchen (Null Grad Nachts, + 25 Grad am Nachmittag) kann man einfach im Terrarium nicht bieten.

1991 war ich dann zur Abwechslung mal in West Afrika - auf den paradiesischen Inseln São Tomé und Principé. Diese sind die Heimat von fünf verschiedener Arten der Hysterocrates-Gruppe, grosser aggressiver Vogelspinnen. Und es hat viele!!! Natürlich wusste ich dies zum voraus nicht und hatte deshalb auch nicht genügend Transportgefässe dabei. Auf der Insel Principé wagte ich mich am zweiten Tag des Aufenthalts alleine in den Wald und war gerade am Aufstieg, als zwei schwarze Burschen, etwa 15 und 18 Jahre alt, neugierig herbei eilten. Als ich ihnen erklärte, dass ich im Wald Schlangen suche waren sie begeistert und wollten natürlich mitkommen. Ich war ganz froh um die Gesellschaft und hiess die beiden willkommen. Nach Herpetologen Art drehte ich jeden grösseren Stein, zerlegte faulende Baumstämme und schaute unter lockere Baumrinden. Einen Schlupfwinkel liess ich aber links liegen: die grossen Haufen gebildet aus geleerten Kokosnuss-Schalen. Diese bilden eine Brutstätte für Tausende von Mosikitos - es ist besser man stochert darin nicht herum, sonst steigt eine ganze Wolke dieser Plaggeister in die Luft. Den Burschen erklärte ich dies auch - aber wer nicht hören will muss fühlen: Kaum waren wir etwas am Waldrand entlang gestiegen musste der jüngere doch tatsächlich mit einem kurzen Ast in so einem Haufen herum stochern. Da! Ein Schrei! Eine grosse Hyterocrates hatte den Jungen voll in den Zeigfinger gebissen. Der junge Mann geriet in Panik - auf Principe wird nämlich erzählt, dass man nach einem Spinnenbiss niemals Wasser trinken solle - sonst würde man sterben (Natürlich totaler Unsinn). Ich realisierte aber rasch, das Widerrede zwecklos sein würde, daher sagte ich dem Burschen, er müsse jeweils den Saft zweier Orangen in 1 Liter Wasser geben - dann könne er gefahrlos soviel trinken wie er wolle, ja viel trinken sei das beste! Den Biss desinfizierte ich dann mit Alkohol und machte ein Pflaster drauf. Natürlich hatte ich keine Ahnung, wie der Biss von Hyterocrates wirkt, es war mir auch ziemlich mulmig zu Mute. Der Junge hatte am nächsten Tag Fieber, am 3. Tag ging's ihm wieder besser. Er erholte sich dann rasch, wie ich später vernahm- Trotzdem, mit Hysterocrates ist nicht zu spassen. Es wird erzählt dass Hysterocrates mit ihren Chelizeren einen Bleistift spalten könnten. Ich habe die Probe aufs Exempel gemacht. Trotz langem "Üben" gelang es aber nicht, die grossen Spinnen zum festen Zubeissen in einen Bleistift zu reizen!

Liebe Grüsse

Daniel Hofer, Bern
E-Mail: hoferSCRC@hispeed.ch


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